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Ines Aftenberger ◄

Botschaften aus dem Corona-Management

Sie sollen doch Kuchen essen, wenn sie kein Brot haben,
forderte Marie Antoinette
(es hat ihr eben niemand gesagt, dass Menschen, wenn sie hungern,
nicht einfach in der Bäckerei nebenan einkaufen oder was Süßes bestellen können).
Sie sollen doch in ihre Gärten gehen, wenn sie die Natur genießen wollen,
empfehlen die Regierenden
(es hat ihnen eben niemand gesagt, dass es in der wirklichen Welt Familien gibt,
die auf ihren Balkonen höchstens Abgase einatmen können).
Sie sollen doch die Zeit nutzen und mal entschleunigen und töpfern,
säuselt der Lebensberater mit 100 Euro Stundenhonorar
(es hat ihm eben niemand gesagt, wie viele Tage und Nächte da draußen
mit 3- und 4-fach Belastungen längst ausgefüllt sind).
Und alle paar Monate tritt der Kanzler vor und verkündet das Ende der Pandemie
(nur leider hat dem Virus noch niemand gesagt, dass es sich gefälligst
über die Grenzen zu schleichen hat, wenn es die sinkenden Umfragewerte verlangen).
Kein Problem, wenn das mit dem Ende nicht klappt,
dann schließen wir eben wieder die Schulen.
Aber lasst um Gottes – äh Bastis Willen die Seilbahnen fahren
und gönnt den Hoteliers ihren Golfurlaub.
Mit eigenem Pool und Zweitwohnsitz lässt sich auch eine Quarantäne aushalten.
Also, Leute, wochenlang eingesperrt in 60 m²-Wohnungen, beschwert euch nicht!
Als kleine Anerkennung finanzieren wir euren Kindern später die Therapie.
Wir müssen schließlich die Krise gemeinsam meistern,
zum Wohle aller gemäß dem Wunschzettel der 20 %,
denen die 80 % die Corona -VIP-Lounge bezahlen.
Und aus der Luxusyacht teilen sie mit: Wir sitzen alle im selben Boot…
Tja, wir sitzen im selben Sturm,
doch saßen noch nie im selben Boot.

Über/Forderung während der Pandemie aber auch davor, danach. Prekäre Arbeits- und Lebensverhältnisse haben sich bzw. wurden verschärft. Ebenso und massiv im Kunst- und Medienbereich. Immer wieder sind auch wir damit konfrontiert. Wie dagegen anschreiben und -publizieren, ohne die Verhältnisse selbst zu reproduzieren?

Kommentare zum Corona-Management

Es sind ja nur die Alten,
die daran sterben könnten,
die mit den Vorerkrankungen
und einem schwachen Immunsystem
nur die, die nicht auf sich selbst achten
und die, deren Uhr bald schon abläuft.
Es sind somit nur die anderen,
die daran sterben könnten
(kleine Fehler in der Berechnung können natürlich passieren).
Niemand hat das Recht, mir den Nachtklub zu nehmen,
für die paar Jahre, die einem noch blieben,
der es ohnehin nicht mehr lang gemacht hätte.
Wer Angst hat zu erkranken, Risikogruppe,
soll sich halt schützen, ihr wisst ja wie das geht,
und wenn es wegen der wieder steigenden Zahlen
nicht mehr funktioniert, (es bräuchte halt auch mich dazu)
könnt ihr euch ja notfalls zu Hause einsperren,
nur mich lasst mit eurer Vorsicht in Ruhe, gell?
So isser halt, Leute, der vernünftige Zugang zur Pandemie.
Menschen sterben. Und niemand ist daran schuld.
Ganz so wie bei einer Naturkatastrophe.
Wir sind nicht schuld am Erdbeben,
deshalb laufen wir nicht in Panik vor die Tür,
wenn der Boden zu wanken beginnt.
Wir sind nicht schuld am Tsunami,
deshalb räumen wir nicht eingeschüchtert das Feld,
wenn die Warnung uns erreicht.
Wir sind nicht schuld am Virus, deshalb –
Relax, c‘est la vie, oder halt für die anderen: nicht mehr
(Fehler in der Berechnung können natürlich immer passieren).

Wer hat wieviel Platz, wo, warum und vor allem: warum nicht? Der ausreißer agiert und publiziert im öffentlichen Raum, wer dort nicht präsent ist, dem fehlt zumeist auch Wohn- und Lebensraum. Und es fehlt Zugänglichkeit. Daher: Literatur, Kunst, Journalismus statt Werbeflächen!