krisen, krankheiten, kriege

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Joachim Hainzl ◄

Aus weggeworfenen Büchern, Fotos, Briefen, Zeitungen, Dokumenten etc. habe ich in den letzten Jahrzehnten meine alltagsgeschichtliche Sammlung „Recycled History“ aufgebaut. Und immer wieder finden sich darin wertvolle Belege wie die folgenden, die zeigen, wie die Menschen in Österreich auch im 20. Jahrhundert von Krisen betroffen waren.

Kriegsanleihe 1915: Ein gewichtiger Teil der Kriegsausgaben des Ersten Weltkriegs wurde in Österreich-Ungarn durch Kriegsanleihen finanziert. Voller Hoffnung auf einen Sieg der Doppelmonarchie wurden diese Wertpapiere von der Bevölkerung erworben. Bedingt durch den Ausgang des Krieges und die nachfolgende Inflation wurden die Anleihen für ihre Besitzer*innen wertlos.

Notgeldscheine: Als nach Ende des Ersten Weltkriegs der Materialwert der Münzen ihren nominalen Wert überstieg, waren sie im Geldverkehr kaum mehr vorhanden. Ab 1919 wurde daher zur Behebung des Wechselgeldmangels in der Republik Deutschösterreich die Ausgabe von Notgeld erlaubt. Notwendig dazu war ein Gemeinderats- oder Landtagsbeschluss. Die ausgebenden Stellen (hier das Bundesland Steiermark und die Stadt Graz) hafteten mit ihrem Vermögen für diese „Gutscheine“. Da viele begannen, die „Gutscheine“ zu sammeln, druckten die Städte teilweise bald für die Sammelnden eigene limitierte Serien.
Von diesem Foto weiß ich nichts, weder wo es fotografiert wurde, noch von wem und wen genau es zeigt. Vermutlich stammt es aus der Zeit des Zweiten Weltkriegs. Seit ich das Foto vor rund 30 Jahren gefunden habe, berührt es mich, als ein Ausdruck von Hoffnungslosigkeit.

Immer gingen Krankheiten einher mit strengen Hygiene- und Quarantänemaßnahmen, die von der Obrigkeit vorgeschrieben wurden. Hier ein Beispiel eines Grazer Formulars aus dem Jahr 1940 zum Vorgehen bei Scharlach.
Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs musste die Bevölkerung jahrelang mit rationierten Lebensmitteln leben, für welche Lebensmittelkarten ausgegeben wurden. In der Steiermark war dies bis zumindest noch 1953 der Fall.
Die Speisekarte eines Villacher Lokals aus dem Jahr 1952 zeigt, dass ein Restaurantbesuch zwar wieder möglich war, aber nur unter bestimmten Auflagen. In diesem Fall mussten die eigenen Lebensmittelkarten bereits bei der Bestellung abgegeben werden.
Heuer im Mai jährt sich zum 75. Mai die Befreiung vom NS-Terrorregime. Aber nicht wenige sahen ihre „Befreiung“ erst 1955 mit dem Staatsvertrag gekommen. So interpretiert diese Karte des „Rosenkranz-Sühnekreuzzuges für den Frieden“ den Staatsvertrag als „Lohn des Himmels“ für jene, die aus Vaterlandsliebe zu Maria beteten.