care-arbeit… – wie weiter?

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Eva Hierzberger ◄

Ich durfte Care-Arbeit in unterschiedlicher Weise kennenlernen und begleiten:
• Als Leiterin und Mitarbeiterin einer Wohngemeinschaft für jugendliche und junge Schwangere und Mütter mit Kleinkindern,
• als Personalentwicklerin in der Auswahl, Schulung und Begleitung von Menschen in der sozialen Arbeit,
• und in der selbständigen Arbeit, in der ich Einzel- und Teamcoaching sowie Weiterbildungen anbiete.

Wenn ich mit diesem Erfahrungshintergrund auf das Thema schaue, ergibt sich aus meiner Sicht folgender Handlungsbedarf:

Betriebliche Ebene:
• Auswahl: Neben den fachlichen Voraussetzungen soll hier der Fokus stark auf die intrinsische Motivation der Care-MitarbeiterInnen gelegt werden. Franz Küberl hat in den Info-Tagen mit neuen MitarbeiterInnen die wichtigste Voraussetzung für diese Arbeit sehr treffend formuliert: „Man muss die Menschen mögen, mit denen man arbeitet!“
• Begleitung: In der Care-Arbeit, die den ganzen Menschen fordert, braucht es vielfältige Weiterentwicklungsangebote: Weiterbildungen, Supervision, Mentoring, Hospitation, Job-Rotation…
• Rahmen: Neben guten Rahmenbedingungen vor Ort, einer fairen Bezahlung, einer guten Führung, steht ein angenehmes, wertschätzendes Arbeitsklima an oberster Stelle.

© Pixabay

Gesellschaft/Politik:
Wesentlich entscheidender für die Zukunft der Care-Arbeit wird jedoch der „große“ Rahmen sein: Hier geht es um einen Paradigmenwechsel, nicht um ein Drehen an kleinen Schrauben.
• Arbeit und deren Bewertung muss grundlegend geändert werden: Kriterien, die zur Zeit zu wenig Beachtung finden, sollen sein:
• Welche Verantwortung ist mit der Arbeit verbunden? (Wieso erhält etwa eine Kindergartenpädagogin, die in der prägendsten Lebensphase wirkt, im Bildungsbereich die geringste Bezahlung und die schlechtesten Rahmenbedingungen?)
• Wie systemerhaltend ist die Arbeit? Die Corona-Pandemie hat uns klar vor Augen geführt, wie wichtig vor allem Care-Berufe in Krisenzeiten sind.
• Welchen Beitrag zu einem friedlichen, wertschätzenden Miteinander in der Gesellschaft leistet diese Arbeit?
• …
• Staatliche Leistungen müssen anders verteilt werden: Arbeitslosengeld, Pension berechnen sich immer rein aus der Erwerbsarbeit. Das führt dazu, dass Care-Arbeit, die im Ehrenamt oder im privaten Sektor geleistet wird und dem Staat viel Geld spart, zu Altersarmut oder auch Armutsgefährdung von Menschen führt, die in schlecht bezahlten Care-Berufen tätig sind bzw. durch die Betreuungsarbeit im familiären Bereich nicht voll berufstätig sein können. Das trifft in der Mehrzahl Frauen.
• Ausbildung: Auch hier braucht es vielfältige Zugangsmöglichkeiten. Etwa im Bereich der Langzeitpflege, wo der Personalmangel eklatant ist:
• Pflegeberuf als Lehre
• Begleitung in der Ausbildung, z.B. Unterstützung beim Lernen, wenn es sprachliche Defizite gibt
• Möglichkeiten, Kompetenzen anerkennen zu können und somit QuereinsteigerInnen den Wechsel in den Care-Bereich zu ermöglichen
• Rahmenbedingungen: MitarbeiterInnen, die mit Menschen arbeiten, berichten von dem immer größeren Anteil an Dokumentationspflichten, was zu einer Frustration führt, weil für die eigentliche Care-Arbeit weniger Zeit bleibt. Die Behörde muss als Partnerin wirken und nicht als reine Kontrollinstanz. Es läuft etwas falsch, wenn etwa Hausleitungen von Pflegewohnhäusern sich bei einer Kontrolle wie in einem Verhör vorkommen.
• Lobby: Care-Berufe brauchen starke Vertretungen, die in machtvollen Positionen für gute Rahmenbedingungen sorgen können. Hier spielt auch die Gendergerechtigkeit eine Rolle: Berufe, in denen vorwiegend Frauen tätig sind – oftmals Care-Arbeit – wird schlechter bezahlt und bewertet.
Und letztlich braucht es eine gesellschaftliche Veränderung: Weg von der „Geiz ist geil-Haltung“ und den „Ich-AGs“ hin zu einem sorgsamen, wertschätzenden Umgang miteinander, dann wird Care-Arbeit per se einen anderen Stellenwert bekommen. Es gibt sie jetzt schon zahlreich, diese Menschen, die mit viel Herzblut diese Haltung leben!