armut heute

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Jazra Khaleed ◄
Aus dem Griechischem von Ina und Asteris Kutulas

Link zum griechischen Originaltext

Ich hab nichts anzubieten, ich bin einfach ein Protokoll;
mein Leben – elfsilbig und langatmig, ohne Messer und Löffel,
aber immer mit größter Vorsicht geführt,
es stimmt weder nach Anzahl noch nach Geschlecht überein mit dem,
was die Zeitungen schreiben, mit dem, was die Liebhaber flüstern.
Wegen des Todes friert mein Leben – wie es sich hochreckt, immer auf Wacht!
Während sich entfernen – ihre Knochen unter die Achseln geklemmt –
der Pflug und das Pferd, die Mutter und die neun Monate ihres Mutterwerdens,
da sammelt mein Leben seine Jahre ein, seinen Marx und seinen Engels,
bereitet sich vor auf die Dürrezeit, den Tod des Hundes.
Ich sag mir: Hab Mut, verzag nicht,
bald kommen die Genossen,
die Zeit der Egge und der Sichel kommt,
im Namen des Klassenkampfs werden die Gewehre marschieren
und die Proletarier Rache nehmen am Glück,
an der glorreichen Geschäftigkeit der Händler.
Ich bin nicht gesund, in meinem Körper wird jeden Tag
ein Bankrott erklärt, es verschleißen die Bänder und Gelenke;
das kostet mich den Dickdarm und die Tinte,
das kostet mich den sauber gebügelten Hemdkragensteg, den Fingerabdruck.
Das genau macht meine Armut aus
– die kleinen Eigenheiten, die sie in sich verbirgt,
ihre allzu menschlichen Dimensionen,
eine Sinfonie in b-Moll.
Meine Armut zerstückelt mich, dehnt mein Entferntsein aus
– nie hatte der Strick so viele Knoten –,
sie zerlegt meine Arithmetik in reelle Zahlen,
mein Ego in Zweifel, die Zweifel in Gewichte.
Zwei Heimaten hat meine Armut, eine im Norden, eine im Süden;
im Norden verstecken alle, die hungern, ein Messer unter ihrem Kopfkissen,
im Süden erträumen alle, die auf der Straße schlafen, eine Stadt ohne Straßen.
(Die Genossen haben sich verspätet, das Essen auf dem Tisch ist jetzt kalt.)
Das Glück, dieses Fotomodel ohne viel Talent, hat schon morgens
was zu bieten – für jedermanns Geldbeutel tolle Rezepte.