nur noch utopien sind realistisch!

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Markus Gönitzer, Leo Kühberger, Lidija Krienzer-Radojević ◄

Dieser Slogan des Frankfurter Philosophen Oscar Negt scheint angesichts der Vielfachkrisen unserer Gesellschaft angemessen. Trotz Klimakrise, Krise der Demokratie und wiederkehrender Wirtschaftskrisen kann sich eine Vielzahl der Menschen noch immer „leichter das Ende der Welt als das Ende des Kapitalismus vorstellen“. Der 2018 verstorbene Kulturwissenschaftler Marc Fischer griff den Slogan auf und entwickelte den Begriff des Kapitalistischen Realismus, um den vermeintlichen Utopieverlust in der Gesellschaft besser fassen zu können. Fischer analysiert dabei zeitgenössische Pop-Musik und Blockbuster-Filme. Auf der Ebene dieser Kulturgüter stellte er fest, dass sich auch in Kunstformen, denen das fiktive Vorskizzieren oder Ausmalen anderer, besserer möglicher Welten völlig offen stünde, kaum Entwürfe oder Ideen besserer, häufig jedoch Bilder schlechterer Welten finden lassen. Doch das Konzept des Kapitalistischen Realismus reicht über das Feld des Kulturellen hinaus, um sich im Feld des Politischen ebenfalls zu bestätigten. Die Linke, deren unterschiedliche Strömungen seit dem 19. Jahrhundert als die zentralen Träger*innen gesellschaftlicher Utopien auszumachen sind, befindet sich seit dem Erstarken des Neoliberalismus, der sich als alternativlos präsentiert, selbst in der Krise. Welche Rolle der Utopieverlust dabei spielt, ist eine Henne-Ei-Frage. Die defensive Position der Linken drückt sich aber zweifelsohne darin aus, dass sie sich in Debatten über „realistische Migrationspolitik“ oder die Verteidigung des 8-Stundentages und andere „Abwehrkämpfe“ gedrängt fühlt. Dieser Blickwinkel scheint teilweise die Sicht auf eine radikal andere Gesellschaft, die sich nach den Bedürfnissen der Menschen und des Planeten richtet, zunehmend zu verstellen.

Utopische Offensive

Als Organisator*innen der Veranstaltungsreihe „Es könnte anders sein. Utopisches Denken für das 21 Jahrhundert“ sind wir der Auffassung, dass es für das Erreichen ökologischer Gerechtigkeit, einer tiefergehenderen Demokratisierung der Gesellschaft und umfassender Geschlechtergerechtigkeit eine „utopische Offensive“ (Adamczak) braucht.

Zwar behauptete bereits der Philosoph Theodor W. Adorno in einem Interview, dass „im Innersten alle Menschen, ob sie es sich zugestehen oder nicht, wissen: Es wäre möglich. Es könnte anders sein“. Doch wie sein Schüler Oskat Negt einige Jahrzehnte später ergänzte, meinen wir, dass utopisches Denken eine Kompetenz ist, die wie andere Fähigkeiten erlernt, stimuliert und gepflegt werden muss. In Form eines Lesekreises und einer Konferenz wollen wir uns daher mit euch auf die Spuren der Ideengeschichte der Utopie begeben, um gemeinsam über alte und brandaktuelle utopische Gedankenimpulse und deren politische Implikationen zu diskutieren. Um begangene Fehler zu vermeiden und realen Möglichkeiten nachzuspüren. Ergänzend dazu werden wir drei Filmbrunches veranstalten, bei denen wir in gemütlicher Atmosphäre gemeinsam essen und Filme schauen wollen, um anschließend darüber zu sprechen, welche Möglichkeiten dieses Medium als Trägerin utopischer Ideen hat und bietet.

Abschließend zu dieser ersten Vorschau wollen wir uns an die Literatin Christa Wolf halten, die einst meinte „was man landläufig mit Utopie meint, ist Hoffnung, und ich glaube nicht, dass (junge) Leute ohne Hoffnung leben können.“

Das glauben wir auch nicht, darum laden wir euch ganz herzlich zu allen unseren Veranstaltungen ein und freuen uns auf ein spannendes Beisammensein in verschiedenen Formaten.


Alle Infos unter:
http://konferenzimforum.at/demokratie/

Terminübersicht:

12.02.
Eröffnung Filmreihe und Programmpräsentation
at Volksgartenpavillon : 19.00

19.02. – 20.05.
Utopie Lesekreis (Infos online)

15.03. Filmbrunch #1
Kuhle Wampe oder: Wem gehört die Welt?
at Volksgartenpavillon 11.00

19.04. Filmbrunch #2
Black Panther at Volksgarten Pavillon 11.00

10.05. Filmbrunch #3
Donna Haraway. Story Telling for Earthly Surviving
at Volksgarten Pavillon 11.00

05. – 07. JUNI 2019
Konferenz für Praktische Kritik – Utopie
(ganztägig Forum Stadtpark)

„Es könnte anders sein. Utopisches Denken für das 21 Jahrhundert“ ist eine Kooperationsverastaltung des Forum Stadtpark, der GKP und dem Alternativ Referat der ÖH Graz.