Blauschwarz entzieht ausreißer Kulturförderung – ¡No pasarán!

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Evelyn Schalk ◄

Die blauschwarze steirische Landesregierung hat dem ausreißer die Kulturförderung für das Jahr 2025 zur Gänze entzogen. Nach 20 Jahren publizistischer, literarischer, künstlerisch-kultureller Arbeit und Präsenz im öffentlichen Raum halten die Verantwortlichen ein unabhängiges, werbefreies, für alle zugängliches Printmedium nicht mehr für „zeitgemäß“.  Aber in erster Linie hält man wohl kritischen Journalismus, ein experimentelles, offenes Literatur- und Kunstverständnis, Community-Orientierung und Partizipation sowie vor allem unsere antifaschistische Grundhaltung für nicht mehr zeitgemäß. Ganz nach dem Vorbild sämtlicher rechten und rechtsextremen internationalen Regierungen und Regime versucht man in der Steiermark, sich entsprechend kritischer Stimmen möglichst rasch zu entledigen.

Daher erscheint diese Ausgabe des ausreißer als Widerstand.   Als Widerstand gegen das Zum-Schweigen-bringen, gegen das Wegschauen, gegen das Hinnehmen. Und für all das, wofür der ausreißer seit seiner Gründung steht. Die vorliegende Ausgabe erscheint als antifaschistische Manifestation.

Sie enthält aber auch schon Dokumentation, und zwar von Solidarität, Protest und sich formierenden Strukturen und Aktionen, die sich dem blauschwarzen Kahlschlag entgegen stellen.

Die breiten und vielfältigen Reaktionen auf diesen Angriff sind anhaltend und nachdrücklich solidarisch. Ein riesiges Danke an alle, die auch und gerade jetzt an unserer Seite stehen.

Das gilt zuallererst für unsere Leser*innen, für und mit euch publizieren wir,  den ausreißer gibt es nur, weil es euch gibt.

 Wir brauchen 300 Soli-Jahresabos!

Als wir von der Förderstreichung erfuhren, haben wir das umgehend öffentlich gemacht, ebenso den Aufruf, diese versuchte Ruhigstellung durch Soli-Abos zu kontern. Mit 300 Soli-Jahresabos können wir unsere Arbeit auch weiterhin fortsetzen und kritisch, nichtkommerziell und stabil mit Inhalten sowie als Plattform für all jene präsent sein, die in den großen Medien keine oder nur selten Stimme und Raum haben. Wir sind schon auf einem guten Weg, ca. ein Drittel der nötigen Abos sind geschafft. Aber damit wir auch die verbleibende große Hürde noch nehmen können, brauchen wir euch. Wir machen so etwas nicht oft, doch diesmal geht es um alles. Daher unser Appell: Wenn ihr irgendwie könnt und wollt, dass es den ausreißer weiterhin gibt, schließt ein Abo ab! Es gibt verschieden Modelle, Halbjahres-, Jahres- oder Zweijahres-Abos, jedes einzelne bedeutet einen wichtigen Schritt in Richtung Sicherheit für unsere Arbeit und für freie Presse, Kunst und Kultur.


Als nicht-kommerzielles Medium publiziert der ausreißer werbefrei und unabhängig. Die Beiträge sind für alle frei lesbar. Damit das auch so bleibt, brauchen wir eure Unterstützung!


All das gehört zum Fundament jeder Demokratie. Wer deren Grundsäulen in Frage stellt oder torpediert, hat den Aufbau eines illiberalen und in der Folge autoritären Systems zum Ziel.

Gemeinsam gegen blauschwarze Angriffe

Dagegen haben sich mit uns zahlreiche Kolleg*innen, Autor*innen und Mitstreiter*innen aus dem kulturellen Feld solidarisch erklärt. Unterstützung kam auch von der Grazer Bürgermeisterin Elke Kahr. Danke euch allen! Die Generalversammlung der IG Autorinnen Autoren brachte in einer öffentlichen Erklärung ihren vehementen Protest zum Ausdruck, Reporter ohne Grenzen (ROG) prangert an: „Wo die in großen Teilen rechtsextreme FPÖ mit der ÖVP regiert, brechen für kritische Stimmen düstere Zeiten an. Aktuell wird in der Steiermark das Medienprojekt ausreißer mundtot gemacht. Das darf nicht ohne Protest geschehen!“ ROG In seiner Störmeldung 06/2025: „In der Steiermark entzieht die FPÖ-ÖVP-Landesregierung dem nichtkommerziellen Medienprojekt ‚Ausreißer‘ die Finanzierung, weil dessen ‚Erscheinungsbild‘ nicht mehr ‚zeitgemäß‘ sei. So werden kritische Stimmen des Kulturlebens zum Schweigen gebracht.“

Vom Kunsthaus Graz, das schon seit vielen Jahren als Kooperationspartner unseren ausreißer-Standort in der Mariahilferstraße hostet, wurden wir eingeladen, im Foyer ein Projekt zum gerade losgebrochenen Kahlschlag der blauschwarzen Landespolitik in der freien Kunst- und Kulturszene zu realisieren. Unter dem Titel „Wir brauchen Kultur … wie Luft zum Atmen!“ haben wir von Ende Februar bis Mitte April in diesem Rahmen sowohl überdimensional an der Wand als auch in einer Nonstop-Videoperformance über die aktuellen Geschehnisse informiert. In den rasch etablierten „FreitagsTalks“ wurde mit Expert*innen und Besucher*innen vor Ort über die politische Zerstörungswut und ihre Folgen diskutiert. Der Gesprächsbedarf war groß, das Entsetzen, aber vor allem die einhellige Überzeugung, diesem Kahlschlag gemeinsam entgegen zu treten, noch weit größer. Wir danken allen, die gelesen, geschaut, sich an den Gesprächen beteiligt haben, ganz besonders Chefkuratorin Katrin Bucher-Trantow und ihrem Team für die solidarische Einladung und den Support. Die Lesungsperformance „Das Alphabet des Autoritären“ stellt Abschluss und Auftakt gleichzeitig dar. Am 15. April im Kunsthaus Graz von Joachim Hainzl, Evelyn Schalk und Eva Ursprung präsentiert, sind Auszüge daraus auch hier zu lesen. Dieses Alphabet wird uns als genaue, kritische Beobachtung, literarische Analyse und manifester Protest wohl noch eine ganze Weile beschäftigen – müssen. Wir schauen hin, machen sicht- und hörbar, verorten, übersetzen und dechiffrieren, zeigen auf und halten fest, solange es eben nötig ist. Denn für menschenverachtende rechte und rechtsextreme Politik gilt für uns jetzt und in Zukunft: ¡No pasaràn!

Mehr ausreißer: neuer Standort, neue Kolumne

Was uns gerade aktuell besonders freut: Unsere Präsenz wird weiter verstärkt. Mit der aktuellen Ausgabe wird ein neuer ausreißer-Standort eingeweiht. Ab sofort ist die Wandzeitung auch in Anger bei Weiz großformatig zu lesen, im Ortszentrum, am  Platz unter der Linde. Auf Initiative des kulturellen Lokalmatadors Ernst Kreimer, mit Unterstützung des Angerer Bürgermeisters Hannes Grabner sowie in Kooperation mit Heinz Ganzer von der Marktbücherei Anger entsteht ein lebendiger, pulsierender Treffpunkt für Lektüre, Gespräche und Partizipation. Als Medium vor Ort verstehen wir uns als Plattform für Austausch auf Augenhöhe und freuen uns auf lokale wie überregionale Kooperation und Impulse.

Neu ist in dieser Ausgabe weiters die Kolumne von Heinz Wittenbrink. Der Blogger, Medienexperte und Klimaaktivist fragt ab sofort im StadtStoffWechsel, wie wir ein gutes Leben führen können, ohne die Klimakrise weiter zu verschärfen – ein in vielfacher Hinsicht brandaktueller Fokus.

Der von Blauschwarz begonnene Kahlschlag trifft indes längst nicht nur den ausreißer, sondern stellt eine Bedrohung für die gesamte freie Kunst- und Kulturszene der Steiermark dar. Zahlreiche Initiativen sind mit massiven finanziellen Einschnitten konfrontiert. Zudem entscheiden mit dem neu besetzten Kulturkuratorium Personen über die Förderwürdigkeit von Projekten, denen nicht nur jegliche Expertise für den freien Kunst- und Kulturbetrieb fehlt, sondern die mitunter professionelle Verbindungen in die rechtsextreme Szene pflegen.

Als Plattform #KulturlandRetten haben sich eine Vielzahl der steirischen Kunst- und Kulturinitiativen sowie Einzelpersonen zusammengeschlossen, um diesen Entwicklungen entgegen zu treten. Auch der ausreißer beteiligt sich an den Aktionen der Plattform und steht Seite an Seite mit allen von Kürzungen betroffenen Projekten, Kunst- und Kulturtätigen.

Unsere Solidarität gilt auch all jenen im Sozial- und Bildungsbereich, denen gerade weit weniger medial sichtbar dringend benötigte Mittel von Blauschwarz entzogen werden. So schloss die rechte Landesregierung etwa umgehend die Ankunftszentren für Geflüchtete aus der Ukraine und gleichzeitig die für sie eingerichteten Notunterkünfte der Caritas. Nun verbringen Ukrainer*innen, die in Graz ankommen, Tage und Nächte auf der Straße, bis sie versorgt werden können, darunter viele Kinder.

Über all das werden wir hier auch weiterhin berichten, wir werden weiterhin jenen Raum und Stimme geben, die sonst viel zu selten gehört werden. Wir werden hinschauen, wo es weh tut und über das Gesehene nicht schweigen, sondern aufzeigen, erklären, sagen was ist. Lauter und sichtbarer als je zuvor.

Immer gegen jeden Rassismus, Sexismus und Klassismus.

Immer antifaschistisch. Wir freuen uns riesig über jedes Soli-Abo und jede Unterstützung, jedes Feedback und jede Zeile, die ihr uns zukommen lasst – denn nur so sichern wir das Weiterbestehen des ausreißer in einer vielfältigen, diversen Kulturlandschaft und einer demokratischen, freien, lebenswerten Gesellschaft.