Fotos: Dirk Planert ◄
Das Flüchtlingscamp in bosnischen Vučjak ist geschlossen, die katastrophalen Bedingungen für die Menschen sind geblieben und werden sich nicht ändern, solange die tödliche Abschottung der EU andauert. Mit den Frierenden, Hungernden und Verprügelten ebenso wie mit den Ertrinkenden im Mittelmeer hat Europa sich selbst verloren.
Das bedeutet allerdings nicht, diese Zustände hinzunehmen, es bedeutet auch nicht, tatenlos zuzuschauen. Es braucht Widerstand, Dokumentation sowie Hilfe und Versorgung – all das wird von Unterstützer*innen, Freiwilligen und Aktivist*innen entlang der sogenannten Balkanroute täglich geleistet – über alle Grenzen hinweg.
„We request to EU: Open the border. We are dying here“, ein Aufschrei derer, die auf die Mülldeponie von Vučjak verfrachtet wurden, nachdem sie Polizisten an der EU-Außengrenze brutal zurückgeprügelt hatten, immer wieder. Die gewalttätigen und rechtswidrigen Push-backs sind inzwischen quasi zum Alltag geworden, alle wissen es. Grenzpolizisten schlagen auf Schutzsuchende ein, hetzen Hunde auf sie, an der ungarischen Grenze wurden vor kurzem Schüsse abgefeuert. Sie verbrennen ihre Habseligkeiten, zerstören ihre Handys, die einzige Verbindung zu Familien und Freunden, nehmen ihnen das letzte Geld weg und schicken sie zurück – ins Nirgendwo.
„Sie haben uns behandelt, als wären wir keine Menschen, nicht einmal Tiere werden so so behandelt wie wir“, dokmentiert die NGO Border Violence Monitoring Network am 5. Jänner 2020 den Bericht eines Patienten mit Knochenbrüchen.
Frieren, Hungern, Schmerzen, Angst: Wenige Autostunden von Österreich entfernt kämpfen tausende Menschen Tag für Tag ums Überleben. Das ist die Realität der „geschlossenen Balkanroute“, Bundeskanzler Kurz ist stolz darauf und ein ganzer Kontinent macht mit oder lässt es geschehen. „Die Schande Europas“ nennt Jean Ziegler die griechischen Flüchtlingslager. Die Zustande am Balkan sind es genauso.
„Vučjak, das schlimmste Flüchtlinglager Europas, wurde im Dezember aufgelöst, aber in der Umgebung der Grenzstadt Velika Kladuša entdecken wir viele neue, kleine Vučjaks. Die Not, der Hunger und der Überlebenskampf gehen weiter – nur 280 Kilometer von der österreichischen Grenze entfernt.“ Seit letztem Jahr sammelt die humanitäre Initiative SOS Balkanroute rund um den Wiener Rapper Kid Pex Spenden für Geflüchtete in Bosnien und unterstützt lokale Helfer*innen.
Sie leben auf der Straße, in wilden Camps in den Bergen, in Wäldern, in verlassenen Häusern, manchmal Squats, ohne Strom, ohne Nahrung, ohne medizinische Versorgung. Zahlreiche Jugendliche sind darunter. Vor ihnen schützt Europa seine Grenzen, der Schutz von Menschen zählt längst nicht mehr.
Von 2018 bis Ende November 2019 haben laut UNHCR mehr als 51.000 Schutzsuchende Bosnien-Herzegowina betreten, 27.000 davon im letzten Jahr. 48.500 drückten ihre Bereitschaft aus, um Asyl anzusuchen, den Antrag stellten jedoch keine 3000 – und noch weniger Anträge wurden bearbeitet. Lediglich drei Menschen erhielten den Flüchtlingsstatus und 49 subsidiären Schutz, vermeldet die Volkshilfe.
Der Fotograf Dirk Planert hat schon während des Bosnienkrieges Hilfslieferungen ins Kriegsgebiet transportiert, kehrte 2019 nach Bihać zurück und versorgte mit dem Team Vučjak monatelang die Geflüchteten im Camp. Nach dessen Schließung ist er überall dort unterwegs, wo Hilfe gebraucht wird, in den wilden Camps aber auch in Siedlungen und Dörfern, wo es oft Bewohner*innen ebenso wie Geflüchteten am Notwendigsten mangelt.
↘
Für mehr Infos folgt auf Facebook @SOSBalkanroute, @Dirk.Planert,
@borderviolencemonitoring, @NoNameKitchenBelgrade und für internationale News @areyousyrious
Unterstützen könnt ihr SOS Balkanroute hier:
Spendenkonto: Flüchtlingshilfe
Oberbank, BIC: OBKLAT2L
IBAN: AT42 1500 0002 9105 8428
Verwendungszweck: SOS Balkanroute
Dirk Planert und sein Team könnt ihr hier unterstützen:
Help for refugees in Bosnia
Dirk Planert/Team Vučjak
DE 22 4416 0014 6605 0393 00
BIC: GENODEM1DOR