editorial
Evelyn Schalk ◄
Wenn es nach der blauschwarzen steirischen Landesregierung geht, wäre hier nichts zu lesen. Eine weiße Fläche. Oder nicht mal das. Gar keine Fläche, keine Zeitung, nichts. Denn für Blauschwarz sollte es uns nicht geben. Es sollte unsere Redaktion, unsere über 600 Autor*innen und Beiträger*innen nicht geben und alle ihre veröffentlichten Inhalte erst recht nicht. Aber damit würde es auch tausende ausreißer-Leser*innen als solche nicht geben. Denn das, was den ausreißer ausmacht, wäre nicht mehr verfügbar.
Es würde ein Verschwinden von Themen, Perspektiven – und Menschen bedeuten, die ohnehin viel zu selten sichtbar sind und viel zu oft marginalisiert werden. Es würde das Verschwinden einer öffentlichen Plattform bedeuten, die Kommunikation, Diskussion, Publikation auf Augenhöhe und Qualität ermöglicht und umsetzt. Es würde öffentlichen Raum noch weiter kommerzialisieren und Publikationsmöglichkeiten, also Teilhabe am öffentlichen Diskurs, weiter und wieder einschränken. Es würde Zugänglichkeit elitarisieren und gleichzeitig demokratischen Diskurs nicht vielfältiger, sondern einseitiger machen.
Genau das ist das Ziel: die Kluft wieder und
weiter zu vergrößern auf Kosten all jener,
die schon bisher am wenigsten hatten. Es ist
immer dieselbe Strategie, egal wo auf der
Welt, so funktioniert rechte Totalitarisierung,
konsequent. Und sie zielt immer auf Auslöschung.
Damit wird Existenz zu einer Frage
der Resistenz, auf allen erdenklichen Ebenen.
Es würde spürbare, sichtbare, lesbare Fortschritte in diesem Feld, die in den letzten 20 Jahren erreicht, erkämpft, erschrieben wurden, großflächig zunichte machen. Es würde auslöschen.
Das scheint Blauschwarz wenig zu kümmern – oder so sehr, dass sie an ihrem Förderentzug für heuer und die nächsten drei Jahre (länger können sie nicht im Voraus blockieren) festhalten.
Unseren Einspruch gegen diese Entscheidung könnt ihr am Ende des Editorials hier lesen. Mit Logik oder Nachvollziehbarkeit auf Basis des Kunst- und Kulturfördergesetzes hat diese Weigerung kaum zu tun. Dafür offenbar umso mehr mit ideologischer Politik von Rechtsaußen. Die Reaktion der Adressierten? Endgültige Bestätigung des Förderentzugs.
Der Protest gegen diesen demokratiegefährdenden Angriff auf Medien- und Meinungsfreiheit hat sich bereits beim ersten Bekanntwerden der Entscheidung breit formiert und wir bleiben dabei: Wer uns ruhigstellen will, wird unsere Stimmen umso lauter zu hören und zu lesen bekommen. Denn hier geht es nicht nur um den ausreißer. Es zeigt sich nahezu jeden Tag, den diese Regierung im Amt ist, welche zerstörerischen Auswirkungen ihre Politik der Sozialkürzungen, der Ausgrenzung, der Diskriminierung hat.
Wie notwendig hier klares Benennen und Positionieren ist, bestätigt uns schon die bisherige großartige Solidarität und Unterstützung, die wir von unterschiedlichsten Seiten erfahren. Es ist uns dabei besonders wichtig, all jenen gerade jetzt eine Plattform zu sein und zu bleiben, die selbst am stärksten von den blauschwarzen Repressionen betroffen sind und denen womöglich der Mut, die Möglichkeit und die Kraft, die es zum Widerstand braucht, aus diversen Gründen fehlt. Denn fast unkommentiert, aber in voller Offenheit peitscht diese Landesregierung einen massiven Sozialabbau in der Steiermark durch, der Hand in Hand mit Zerstörung von gleichberechtigtem Zugang zu Bildung, Medizin, Medien, Kunst, Kultur und einer lebenswerten Existenz geht. Genau das ist das Ziel: die Kluft wieder und weiter zu vergrößern auf Kosten all jener, die schon bisher am wenigsten hatten. Es ist immer dieselbe Strategie, egal wo auf der Welt, so funktioniert rechte Totalitarisierung, konsequent. Und sie zielt immer auf Auslöschung.
Damit wird Existenz zu einer Frage der Resistenz, auf allen erdenklichen Ebenen.
Wir beginnen hier, mit euch, die ihr mit uns lest, schreibt, diskutiert, protestiert, euch solidarisiert, bitte weiter abonniert (!) und ideologischen Rattenfängern nicht auf den braunen Leim geht.
EINSPRUCH
im Juli 2025
Wir haben die Ablehnung unseres Antrags auf eine mehrjährige Fördervereinbarung durch die Abteilung 9 – Kultur des Landes Steiermark erhalten und legen Einspruch gegen diese Entscheidung ein.
Aus Ihrer Förderverweigerung ergeben sich für uns eine Reihe von Fragen. Um Licht ins Dunkel Ihrer Entscheidung zu bringen, ersuchen wir die Mitglieder des Kulturkuratoriums um Beantwortung und Erläuterung.
In Ihrem Absage-Schreiben attestieren Sie uns, „grundsätzlich förderwürdig“ zu sein, „auf Basis der Gesamtstruktur“ empfehlen Sie uns jedoch „eine jährliche Förderbeantragung“ und weisen unseren Mehrjahresantrag zurück.
Erstens: Warum haben Sie dann unseren Jahresantrag 2025 ebenfalls abgelehnt? An unserer „Gesamtstruktur“ hat sich in den letzten Monaten nichts geändert, Ihnen lagen und liegen dieselben Informationen im Detail vor.
Zweitens: Der ausreißer erscheint seit über zwanzig Jahren als Periodikum, alle acht Wochen, ohne Unterbrechung, großformatig im öffentlichen Raum, als Faltausgabe sowie online. Inwiefern sehen Sie darin ein jährlich begrenztes Projekt?
Drittens: Was unterscheidet den ausreißer hinsichtlich Kontinuität, Langfristigkeit und durchgehender Publikationstätigkeit von anderen mehrjährig geförderten Periodika?
Viertens: Welche Kriterien definieren Sie für einen mehrjährigen Förderanspruch und was müssten wir ändern, um diesen zu entsprechen?
Fünftens: Da Sie uns in Ihrem Absage-Schreiben ausdrücklich für förderwürdig erklären und einen Jahresförderantrag empfehlen, gehen wir von einer vollumfänglich positiven Bewertung eines solchen Antrags aus, denn Ihre Empfehlung erfolgt ja auf Basis der Ihnen für 2026 bereits gesamt vorliegenden Daten und Informationen – bestätigen Sie diese Ihre Zusage hiermit?
Wir blicken der Beantwortung unserer Fragen gemeinsam mit unseren Leser*innen, Autor*innen und Kooperationspartner*innen mit großem Interesse entgegen.
Mit gespannten Grüßen,
Evelyn Schalk & die ausreißer-Redaktion
Update: Auch unser Einspruch wurde ohne weitere Begründung abgelehnt. Keine unserer Fragen wurde beantwortet.
Rechtsextremismus in der Steiermark
In diesem Kontext möchten wir auf folgende Termine verweisen:
Dienstag, 23.9.25, 19.30

Mit Markus Gönitzer, Forum Stadtpark/Peršmanhof, Daniela Grabovac, Antidiskriminierungsstelle des Landes Steiermark, Andreas Peham, Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes (DÖW), Gerhard Ruiss, IG Autorinnen Autoren, Evelyn Schalk, ausreißer, Peter Waterhouse, Autor / uniT. Moderation: Colette M. Schmidt, Der Standard und Widerstands- liedern von Irina Karamarkovic.
Kundgebung am 16.10.
Ein Jahr PFÖVP im Land. Ein Angriff auf Alle.
„FPÖ und ÖVP halten was sie versprechen. Ob Kürzungen im Kultur- und Sozialbereich, Verschlechterungen bei der Sozialunterstützung oder Rassismus, Sexismus und Queerfendlichkeit – ihre Politik nimmt großen Teilen der Bevölkerung die Grundlagen für (soziale) Sicherheit und ein gutes Leben.
Wir sagen: Nicht mit uns!
Kommt zur Kundgebung am 16.10 um 18:00 am Südtirolerplatz. Setzt ein Zeichen für eine solidarische Gesellschaft und gegen rechte und konservative Politik.“ Wir sehen uns! Wir lesen uns! Wir hören uns! Immer und immer wieder.