Das Alphabet des Autoritären

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Eva Ursprung, Joachim Hainzl, Evelyn Schalk

Warum überrascht mich das Ganze eigentlich? Sprache war doch immer schon eine soziale Übereinkunft, wandel- und veränderbar; die Bedeutung der Begriffe geprägt von der jeweiligen Umgebung, dem Kontext, in dem man aufgewachsen ist, den Emotionen und Erfahrungen, die man damit verbindet und sehr banal auch von der Region, aus der man stammt. Viele Wahrheiten meiner Studienzeit entsprechen nicht mehr dem, was jetzt als gesichert gilt. Unsere Kenntnis von der Welt ist begrenzt und wir lernen ständig dazu – oder vergessen wieder.

Und waren nicht wir es, die selbst anscheinend klar definierte Objekte wie Tisch oder Bett umgewertet haben, dem Dadaismus gefrönt und den Boden zur Decke gemacht haben? Und was ist überhaupt eine Decke? Etwas, womit ich mich zudecke, etwas worauf ich beim Picknick sitze oder etwas, das den Raum über mir begrenzt?

In der Kunst spielen wir doch immer mit der Realität, relativieren sie, versuchen, sie neu zu denken. Aus ungewöhnlichen Blickwinkeln oder aus der Sicht anderer Wesen, viele auch mithilfe psychotroper Substanzen.

Aber auch ohne LSD – das die Wahrnehmung ganz offensichtlich auf den Kopf stellt – reicht dazu die Imagination. Wie wäre es, wenn ich aufwache und ich bin plötzlich ein Käfer mit Facettenaugen, Fühlern, einem gänzlich anderen Wahrnehmungsapparat? Welche Töne jenseits meiner Wahrnehmung hört mein Hund und welche Gerüche sind für ihn so wichtig und dringen zu mir gar nicht vor? „Die Wirklichkeit, die Wirklichkeit trägt wirklich ein Forellenkleid und dreht sich stumm (…) nach anderen Wirklichkeiten um!“ sang André Heller 1976 auf seinem Album Abendland. Dort ging es unter anderem auch um die Verbrechen der Nationalsozialisten, vor deren Lektüre bei uns der Geschichtsunterricht meist endete.

A wie „Asozial“    

A wie „Abwertung“

A wie „Ausgrenzung“                                          

B wie „Bevölkerungsaustausch“

A wie „Angst schüren“ + Konstruktion des „Anderen“

M wie „Monstrifizierung“ des „Fremden“

Der Terrorist, der 2019 im neuseeländischen Christchurch zwei Moscheegemeinden angriff und dabei 51 Menschen tötete und viele weitere verletzte, betitelte seine eigens verfasste Hassschrift als „The Great Replacement“ – Der Große Austausch.

Der Begriff geht auf den Vordenker des Front National, den französischen Rechten Renaud Camus zurück, der von seinem Schloss in der Gascogne aus seine Hasstiraden verbreitet. Die deutsche Übersetzung seiner zentralen Pamphlete wird auch über den „Buchdienst“ des Ares Verlages in Graz vertrieben.

C wie „Coronalüge“             

V wie „Verschwörungsnarrativ“          

W wie „Wissenschaftsfeindlichkeit“

D wie „Diktatur“

Alexander: „Sollte es wirklich hinter dem Rücken von der stimmenstärksten Partei und mit Unterstützung unseres (…) BP zur einer Regierung kommen, dann ist des das Ende der Demokratie. Und kommt mir jetzt bitte ja nicht mit den Kommentaren wie „Jo FPÖ haben doch NUR 29% der Bevölkerung gewählt, somit haben 71% dagegen gestimmt“. Das ist irrelevant.“

Chris: „Die Koalition der Antidemokraten.“

Barbara: „diese Einheitsparteien ÖVP Grüne Neos und SPÖ haben noch nie Demokratiesch gehandelt. Für die zählt das EIGENE Volk nicht.“

Michaela: „Dieses verlogene und betrügende Einheitspack soll endlich verschwinden.“

Roli: „Verlierer raus aus Österreich!!!!  der Teufel soll euch holen“

Martin: „Ist klar wir leben ja in keiner Demokratie sondern in einer Diktatur.“

Jasmin: „Wir müssen uns endlich wehren gegen diese idioten.“

Reinhard: „Nicht nur Dummreden!!! Wenn nötig dann Müssen Wir aufstehen und Kämpfen!!!!“

Heide: „Genau alle auf die Strasse u. Demonstrieren“

die verbindung kappen

„social justice is a matter of life and death.“(…)

noch nie waren die entfernungen so kurz und die distanzen so groß. das gegenüber existiert nicht mehr. also machen sie uns zu gegnern.

der neoliberalismus hat immer die eine story erzählt. die ungebrochene, die erfolgsgeschichte, die verwertbare, die einspeisbare. aber vor allem: die einzige. neben, vor, über und nach ihr ist kein platz. für niemand. diese story hat alles gefressen, nichts anderes ist mehr übrig. du und ich existiert nicht. nur ein oder bleibt.

„Es ist unmöglich über die einzige Geschichte zu sprechen, ohne über Macht zu sprechen“, so die autorin chimamanda ngozi adichie. „Es gibt ein Wort, ein Igbo Wort, an das ich immer denke, wenn ich über die Machtstruktur der Welt nachdenke. Es heißt ‚nkali‘. Es ist ein Substantiv, das in etwa übersetzt werden kann als ‚größer sein als ein anderer‘. Wie unsere Wirtschafts- und politischen Welten, definieren sich auch Geschichten durch das Prinzip von nkali. Wie sie erzählt werden, wer sie erzählt, wann sie erzählt werden, wie viele Geschichten erzählt werden, wird wirklich durch Macht bestimmt. Macht ist die Fähigkeit, die Geschichte einer anderen Person nicht nur zu erzählen, sondern sie zur maßgeblichen Geschichte dieser Person zu machen.“

zur geschichte werden, zur story, zum aushängeschild deiner selbst. und nur davon. (…)

„Die Folge der einzigen Geschichte ist diese: Sie beraubt die Menschen ihrer Würde. Sie erschwert es uns, unsere Gleichheit als Menschen zu erkennen. Sie betont eher unsere Unterschiede als unsere Gemeinsamkeiten.“

sie erzeugt ungleichheit, weist unterschiedliche wertigkeiten zu und macht dieses vergehen zum maßstab, zum paradigma – jener waffe, die über leben und sterben entscheidet. mit diesem „größer als“ wird die basis zur auslöschung geliefert und gelegt – „The danger of the single story“. (…)

sie stellen bedingungen für rechte, auflagen für zugehörigkeit, forderungen für anerkennung. es sind akte des verweigerns. menschsein definiert durch unterschied und wertigkeit. diese fratze fällt dir aus dem zerrspiegel entgegen, der das fehlende gegenüber ersetzt hat. grinsend, denn die story ist gut erzählt, geht leicht durch die poren, bis in die tiefsten schichten. die story der unausweichlichkeit. denn es geht ja nicht anders… denn wie sollen wir denn… denn wir können doch nicht… denn es ist ja nur.

E wie „Ehre“

P wie „Pflichterfüllung“

W wie „Wiederbetätigung“

Wenn diese nachweisbar ist, dann wird sie entsystematisiert, also zum E wie Einzelfall deklariert. Die Taktik lautet: V wie Verharmlosung, siehe z.B. die L wie Liederbuchaffäre oder eben „Unsere Ehre heißt Treue.“

F wie „Festung Österreich“

K wie „Kampfbegriffe“

A wie „Abschottung“, E, V und I wie „(sich) Einsperren“,

„Verbarrikadieren“, „Isolieren“

G wie „Gutmenschen“

B wie „Bedeutungsumkehrung“ sowie V wie „Verunglimpfung“

H wie „Hetze“

H wie „Heimat“

A wie „Aneignung“ oder  „Heimat ist da, wo noch niemand war.“ (Ernst Bloch)

W wie „Weltbürger*in“

I  wie „Impfpflicht“

Markus: „Die Kinder und Jugendliche zu Tode impfen dass ist ihnen egal…aber beim rauchen…die Gesundheit ansprechen…dass ist doch nur mehr zum (…) kotzen“ 

Otto: „Die IMPF Terroristen haben Angst. (…) Die ganze POLITRUKEN Banden werden bezahlen für das GENOZID. 100%. (…)“

Karin: „P(l)andemie !!! Bitte recherchieren, Van der Bellens ausgesprochene „ Neue Weltordnung „ war der erste „ Look Down“

J wie „Jörg“

Mario: „Jörg Haider hat (…) die Herzen ganz vieler Menschen erreicht (…). Wir werden genau das fortführen, was er leider nicht mehr zu Ende bringen konnte.“

Harald: „Lieber Jörg, schau owa auf de guten Blauen, und hilf den andern Trotteln zum Abgang.“

Hannelore: „hoffe dein unbegreiflich unfall wird noch aufgedeckt, ich glaube noch immer an einen Anschlag!!!!“

Reinhard: „Im Kampfe Für Österreich ermordet!!!!!“

Evi: „Anscheinend von den Freimaurern umgebracht worden! Haben ja einen Schuh als Symbol hinterlassen!“

zum schweigen bringen

sie haben es geschafft, die kommunikation zu unterbrechen. sie tun alles, die übersetzung zu verunmöglichen. sie haben sich zu herren über die zeit aufgeschwungen und über die entfernungen, haben sich in die sprache gegraben, die reden gekrallt, sich eingenistet in den worten auf unseren zungen und sie voneinander getrennt. vereinzelt. so sind sie leicht zu schlagen, in den bann zu

schlagen, zu verwerten, zu entwerten, zu verbrauchen, abzunutzen, zu entsorgen, zu zertreten, zu toxifizieren und gegen uns zu wenden, fadenkreuz im zielfernrohr. (…)

sie ziehen die grenzen wieder hoch, ziehen sie durch – die geographien der kontinente und die mitten der herzen. so verunmöglichen sie die solidarität eines kollektiven wir, das bei zwei menschen beginnt. so bleibt nur noch du gegen ich. aber vor allem ich. nur mehr dieses ich, das zählt und gezählt wird. das ein preisschild trägt. gut sichtbar vor sich her. kaum ahnend, dass darauf nichtmal mehr eine zahl steht, sondern nur leben. oder leere. die mit visabeschränkungen beginnt und bei stacheldrähten und schießbefehlen noch nicht zu ende ist. sie führen wieder listen für die, die schon da sind, und lassen all jene namenlos, die nie ankommen durften.

so wird die entmenschlichung manifest, wird sichtbar in den tabellen der zu verfolgenden, in den leichen im wasser vor den küsten, in den lagern zwischen den städten und vor jeder haustür. sie sind da. wie können sie ungesehen bleiben? sie bleiben es nicht. aber sie bleiben ungefühlt. die herzen müssten springen, die wut kochen, die verzweiflung schreien, die schritte auf den straßen hallen, die gegen diese barbarei anrennen. aber es ist still. es ist unheimlich still, seit langem. ich frage mich, ob das schweigen damals auch so ohrenbetäubend war.

wir haben uns die sprache entwenden und das fühlen narkotisieren lassen. wir haben menschsein preisgegeben für bezifferbare kurvenverläufe, boxspringbetten und multipel versperrbare türschlösser.

Ein Europa, das schützt, so das motto der österreichischen eu-präsidentschaft. schutz für die besitzenden, die anderen bringt es um. so einfach ist die formel und so alt. und so neu und unverborgen und unverstellt und unwidersprochen und funkelnd angesichts der klaviatur roter knöpfe, auf denen das wunderkind des neuen alten faschismus seinen monströsen takt klimpert. und alle lauschen und imitieren die tonfolgen. der rest ist die nische, die nicht mehr existiert. verschwunden, zugeschüttet, ausgedörrt, wirkungslos geworden angesichts der großen einzigen erzählung ohne gegenüber, totalitär.

K wie „Kuscheljustiz“

Mario: „Zwei Asylanten aus Afghanisten haben mehrere heimische Kinder (…) sexuell missbraucht… Das Urteil? Nur 18 Monate teilbedingte Haft! (…)

Wie lange schaut die Kuscheljustiz unter ÖVP und Grünen noch zu, wie schwerkriminelle Migranten unseren Bürgern zusetzen?“

Christine:  „werden die Richter bestochen? Eine andere Möglichkeit gibt es, dass diese selbst Pädophil sind. Oder gibt es Interventionen von oben, oder aus Brüssel“ 

Andreas: „Ich glaub da müsste es erst eine Politikerin mit einer schönen Gruppen Vergewaltigung erwischen bevor sich da was ändert“ 

Wolfgang; „Hoffe das passiert einen Familienangehörigen der Richter, dann möchte ich sehen wie das Urteil lautet!“  

Johannes: „Weg mit den Unkraut!!“ 

Adolf: „Dreckfresser“  

Manfred: „Denen ghert glei a boa aufs Maul“

Mario: „Lebenslang hinter Gitter und nix zum Fressen und nix zum Saufen. Fertig !.“

Andrea: „aber nicht auf Kosten des österr. Steuerzahlers, sondern ab in deren Heimat,“

Engelbert: „Abschiebeabflüge werden nicht leicht… (…)“

Silvia: „Dann muss man sie über dem Mittelmeer aussteigen lassen“ 

Eva: „Ich wäre für straffreie Selbstjustiz“  

Elisabeth: „Auge um Auge Zahn um Zahn“ 

Johann: „Machen wir es so wie ihren Ländern, Handabhacken und fertig.“ 

Max: „kastriert die Schweine“

Christoph: „Warum vertrauen die Eltern noch einem Gericht und nicht guten alten 5m Strick?“ 

David: „Wäre da mein Kind dabei gewesen könntet ihr euch die beiden hängend an der nächsten Strassenlaterne ansehen.“ 

H wie „Hass streuen“

H wie „Hilfsbereitschaft“

S wie „Solidarität“

L wie „Linkslinke“

M wie „Menschenrechte“

P wie „Provozieren“

D wie „Dämonisierung“

M wie „Meinungsterrorismus“

R wie „Rechtsstaatlichkeit“

T wie „Täter-Opfer-Umkehr“

N wie „Normaldenkende“

Ich wuchs auf in einer Zeit mit unfassbarer Vergangenheit, bahnbrechenden wissenschaftlichen Erkenntnissen, rasanten technischen und wirtschaftlichen Entwicklungen und für viele unvorstellbaren sozialen Umwälzungen.

Nach Jahrhunderten des Chauvinismus sollten Frauen plötzlich gleich viel wert sein wie Männer, dunkelhäutige Menschen gleich viel wie hellhäutige, „Behinderte“ gleich wie „Normale“ – und viele Wörter darf man plötzlich nicht mehr verwenden, weil sie alte Normen widerspiegeln, deren Wert oder Wahrheit soeben widerlegt wurde.

Die fluide Sicht der Welt als Künstlerin macht es mir leichter, den Wandel zu verstehen und zu akzeptieren. Aber wie geht es damit Menschen, die ganz pragmatisch bodenständig ihr sicheres, geordnetes und geregeltes Leben leben? Denen es viel zu anstrengend wäre, permanent mit Konventionen zu brechen und sich in andere Realitäten hinein zu imaginieren, weil ihnen die eigene einfach genug ist?

Der Blick auf eine solche Idylle ist verlockend, wüssten wir nicht, dass es auch hier Brüche gibt, jede Familie mit ihren eigenen Tragödien zu kämpfen hat. Die Welt ist eben von Grund auf unsicher, der Mensch zerbrechlich und wir alle haben das Potenzial, uns gegenseitig das Leben zur Hölle zu machen.

Inzwischen haben wir erkannt, dass Fortschritt nicht immer nur gut ist, dass unsere Wirtschaftswunderlandtechnologien die Erde zerstören, der Mensch sich notorisch irrt und Fehler macht und die Machtverhältnisse nichts mit Intelligenz oder Vernunft zu tun haben.

So kommen wir vermehrt in Situationen, wo Menschen mit wenig komplexen Gedankenwelten uns aufgrund ihrer Position die als viel zu komplex wahrgenommene Welt erklären. Und nachdem wir alle irgendwie allein gelassen sind mit den ständigen Turbulenzen, der Vielzahl der neuen Erkenntnisse und deren Verwerfungen, den widersprüchlichen Nachrichten aus den vielen Netzen rund um die Welt und bis ins All, wünschen wir uns ein kleines bisschen Überschaubarkeit und Ordnung.

F wie „Fantasie“

U wie „Utopie“

O wie „Ordnung muss sein“

K wie (Ver)Klagen

P wie „Patriot“

Q wie „Querdenker“

Wenig hilfreich ist dabei etwa das Wissen, dass Quarks ganz nach Belieben zwischen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft tänzeln. Daher weg mit der Forschung und der Wissenschaft! Weg mit unangenehmen Tatsachen der Geschichte. Weg mit der Kunst, die vom Wechsel der Perspektiven lebt und neue Denkansätze provoziert. Weg mit allem, das Fragen aufwirft, Zweifel nährt und die neu zu schaffende Ordnung herausfordert, die Gemüter beunruhigt. Zurück zu traditionellen Werten. Wobei ich die Vorstellung eines jähzornigen, rachsüchtigen alten weißen Mannes im Himmel, der meine Geschicke lenkt, auch nicht unbedingt beruhigend finde. Und damit sind wir bei einem wichtigen Teil des Problems: Die Menschen sind nicht alle gleich. Sie wollen unterschiedliche Dinge und ihre Definitionen von Glück driften auseinander.

Aufgewachsen in einer Zeit aufsprießender sozialer Umwälzungen, Experimente und Utopien, war ich immer überzeugt davon, dass eine bessere Welt für alle möglich ist. Dass ein erfülltes Leben nicht von Geld und Wettbewerb bestimmt ist, sondern von innerem Wachstum, Selbsterkenntnis, Reflexion bestehender Verhältnisse, Gleichheit, Solidarität, Frieden, Freiheit und Kreativität. Das brachte mich bereits in meiner Jugend in Konflikt zu den damals herrschenden Idealen der Aufbaugeneration nach einem alle auf allen Ebenen beschädigenden Krieg, die nun vorwiegend nach Sicherheit und Wohlstand strebte, zu erreichen durch harte Arbeit, Fleiß und Durchsetzungsvermögen. Die eine klare Vorstellung davon hatte, wie man sich zu benehmen hat, was man sagen darf und was nicht, wie man funktionieren muss, um die Gesellschaft aufrecht zu erhalten. Die „da oben“ mit Geld und mehr Bildung hatten das Sagen und die „da unten“ sollen sich fügen. Über die Verbrechen der Vergangenheit wurde nicht geredet.

D wie „Deportation“

R wie „Remigration“

Remigration – Zentraler Kampfbegriff u.a. des Rechtsextremen Martin Sellner, vorgetragen auf der vom Recherchekollektiv Correctiv aufgedecketen sog. Wannseekonferenz 2.0, auf der Verterater*innen rechter und rechtsextremer Parteien und Organisationen die millionenfache Deportation von Menschen aus Deutschland forderten und als Prozess durchspielten.

„Gegen einen solchen ‘Remigrationsplan‘ kann wohl niemand etwas haben“ und man könne ja noch darüber hinaus gehen, so Wolfgang Dvorak-Stocker in der rechtsextremen Zeitschrift Abendland, die sein Verlag herausgibt.

(https://www.abendland.at/index.php?id=1284)

S wie „Systemmedien“

D wie „Desinformation“ 

A wie „Als-ob-Medien“

„Nur weil jemand aus einem Bildschirm rausredet, ist er noch lange kein Journalist. Und nur weil ein Studio in Newsroom-Ästhetik aufgemacht ist, bringt es noch lange keine unabhängigen News.

Die Strategie von Als-ob-Medien ist, durch die Imitation journalistischer Darstellungsformen als seriöse Nachrichtenquellen rezipiert zu werden und so extremistische und verschwörungsideologische Botschaften zu normalisieren. Sie nutzen bewusst eine Sprache, die darauf abzielt, Emotionen zu schüren und das Misstrauen gegenüber staatlichen und medialen Institutionen zu verstärken. Insgesamt stellen Als-ob-Medien eine erhebliche Gefahr für die demokratische Debattenkultur dar, insbesondere dann, wenn ihre Terminologien, Narrative und Selbstdeklaration als „Journalistische Alternativmedien“ unreflektiert übernommen und im medialen und politischen Diskurs normalisiert werden. Sie destabilisieren das Vertrauen in demokratische Institutionen und fördern eine zunehmende Polarisierung in der Gesellschaft.“

(Daniela Kraus, Presseclub Concordia)

E wie „Empirie“

R wie „Recherche“

V wie „Verifizierbarkeit“

Mittlerweile gibt es – zumindest in „unserer“ Welt –  Basisbildung für alle, und die Werte haben sich vermischt. Aufgrund fast allgemein verfügbarer elektronischer Medien haben plötzlich alle Menschen Zugang zu allem, was global gedacht und gelebt wird, die Welt um uns stellt sich allein dadurch selbst permanent in Frage. Freiheit, Protest gegen bestehende, als ungerecht empfundene Machtverhältnisse sind inzwischen der Mainstream – auch derer, die unter Freiheit vorwiegend die der eigenen Interessen verstehen und deren Ideologie sich auf die Sehnsucht nach alten Hierarchien und damit auch strukturellen Unterdrückungsmechanismen begründet, innerhalb derer man sich sicher, beschützt und aufgehoben wähnt. In einer nun viel freieren, gleicheren und gerechteren Gesellschaft beziehen sich Begriffe wie Revolution oder Befreiung nicht mehr auf den Ausbruch aus schädigenden Konventionen, sondern manchmal auf die Rückkehr zu autoritären Strukturen. Das Vokabular der 68er-Bewegung, die sich in vielen Bereichen der Gesellschaft etablieren konnte, wird nun gegen sie verwendet,

Wokeness, also Rücksicht und Achtsamkeit gegenüber anderen, ist nun Teil des zu bekämpfenden Establishments.

T wie „Tiefer Staat“

Von „Deep State“ – Verwendung und Einführung von C wie „sprachliche Codes“ in den Diskurs, so wird M wie „Misstrauen“ geschürt, anschließend A wie „abgewiegelt“. Die Saat aber ist längst aufgegangen, im Prozess der N wie „Normalisierung“.

U wie „Unterschichtsgeburten“

A wie „Antisemitismus“

K wie „Klassismus“

E wie „Entmenschlichung“

O wie „Oligarchie“

V wie „Volksverräter“

Mario: „Am 29. September 2024 gab es zwei große Wahlverlierer – nämlich ÖVP und SPÖ! Und N[ehammer] und B[abler] haben nichts Besseres zu tun, als in den Hinterzimmern der Republik zu packeln.“

Helga: Machtgeile korrupte Volksverbrecher“

Walter: „Es ist wesentlich einfacher einen Schimpansen zum Zoodirektor zu machen, als aus diesen zwei Vollkoffer einen brauchbaren Politiker zu formen. Bon Voyage.

Annemarie: „(…) wahrscheinlich sind die beiden ein paar mal, vom Wickeltisch gefallen …“

Ernst: „ich bezweifle dass die jemals richtig gewickelt wurden, sind ja heute noch große Hosensch…“

Ossy:  „Diese linken Verbrecher gehören weg“

Hans Peter Ritter: „Man sollte die Typen die uns das angerichtet haben vor Gericht stellen… Aber nicht vor ein Linkslinkes..“

Walter: „Diese Regierung gehört hinter Schloss und Riegel.“

Reinhard: „Wir müssen Unseren Volkskanzler unterstützen!!“

Alfred: „Hoch lebe kickl“

W wie „Willkommensklatscher“

E wie „Europa“ als Feindbild

E wie „Empathie“

Q wie „queer“

X wie „xy und xx – und sonst nix!“

P wie „Patriarchat“

Das Aufbrechen traditioneller Geschlechterrollen und binärer Geschlechterdefinitionen bedeutet eine Transformation des traditionellen Familienbildes – und damit der strukturellen Grundlage konservativ-reaktionärer Gesellschaftsformen. Kein Wunder also, dass sie sich mit buchstäblich allen Mitteln dagegen wehren. Denn das heißt nichts anderes als Machterhalt. Daher wenden sie gerade wenn es um Gleichberechtigung geht, die Taktik der S wie Symbolpolitik an und Bedienen sich dafür der Methode:

T wie „Tote Katze“

„Hier handelt es sich um Symbolpolitik, eine von vielen Dimensionen im FPÖ-Kulturkampf. Anstatt dass man sich politisch um die relevanten Probleme wie die Gehaltsschere, steigende Ungleichheit, Gewalt gegen Frauen kümmert, wird als Ablenkung eine symbolische Aktion gesetzt. Rhetorisch wird dies als Strategie der toten Katze bezeichnet – inmitten einer problematischen und unangenehmen Diskussion wirft man ein neues Thema, die tote Katze, ins Gespräch und lenkt damit von echten Herausforderungen wie einer Budgetkrise ab. Dazu dienen Diskussionen über das Kopftuch, über Sternchen oder Doppelpunkt. Im Rahmen der Symbolpolitik sind solche Verbote recht wirksam und weisen auf konservative Werte hin. Denn das Sichtbarmachen von Geschlechtsidentitäten bleibt eine wichtige Dimension von vielen im Kampf um Gleichberechtigung.“ (Ruth Wodak)

Aber Identitäten, die das Gegenteil von identitär meinen, von binär und eindeutig, sind Lebenswelten, die ihre Codes sprengen.

Y wie “Y-Chromosom”, “Yuppie”, “Yachthafen”, “Yin und Yang”

F wie „Fakten“

Z wie „Zensur“

Meinungsfreiheit ist ein Menschenrecht. Dennoch ist dessen Freiheit nicht grenzenlos. Es gibt viele Grenzen (die auch in unserem Rechtssystem klar definiert sind), die darauf achten, dass durch die von mir in Anspruch genommene Freiheit nicht die Freiheit oder Menschenrechte einer anderen Person verletzt werden. Dieser respektvolle Umgang unter Menschen hat nichts mit Zensur zu tun.

Alle hier wiedergegebenen Zitate wurden zwischen dem 30. September und 12. Oktober 2024, während des steirischen Landtagswahlkampfs, gepostet. Diese und viele weitere ihrer Art sind noch nach Monaten online zu finden. Nachzulesen auf der offiziellen Facebookseite jenes Politikers, der aktuell die Funktion des steirischen Landeshauptmanns inne hat.

Der Gesamttext ist hier nachzuhören.