Offene Anfrage zur 100prozentigen Subventionskürzung der Grazer Wandzeitung ausreißer

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Sehr geehrter Herr Landesrat für Kultur
Dr. Karlheinz Kornhäusl,
 

wir haben soeben erfahren, dass der Grazer Wandzeitung ausreißer, die bei uns Mitglied ist, die gesamte Jahressubvention des Landes Steiermark gestrichen wurde: Die Kürzung der bisherigen Landessubvention für den ausreißer beträgt somit 100 Prozent. Als Begründung dafür wurde angegeben, sein Erscheinungsbild sei nicht mehr zeitgemäß und innovative Entwicklungsschritte könnten nicht gesehen werden.
 

Diese Begründung für den Subventionsentzug finden wir höchst irritierend.
 

Der ausreißer erscheint als Wandzeitung, als aufliegendes Faltblatt und online, also gleich auf drei Verbreitungswegen. Sollen alle diese Verbreitungswege nicht mehr zeitgemäß sein, wie z. B. politische Werbungen auf Plakatwänden oder Gratisblätter, die in Boxen bereitgestellt werden oder Online-Medien? 

Oder findet die grafische Gestaltung keinen Gefallen und wird diese für nicht mehr zeitgemäß angesehen?

Oder sind es die Inhalte des ausreißer, die nicht mehr zeitgemäß sein sollen wie die Auseinandersetzung mit den Wahlprogrammen der Parteien bei der letzten Nationalratswahl oder mit dem öffentlichen Raum?
 

Genau dafür, für seine Verbreitungswege, für seine Inhalte und für seine interdisziplinäre Herangehensweise an Themen wurde der ausreißer mit dem Alexander Sacher Masoch Preis 2021 ausgezeichnet, der neben bedeutenden literarischen Einzelleistungen auch bedeutende Innovationen auszeichnet, die manchmal eben auch in der Modernisierung und Fortführung traditioneller Erscheinungsweisen unter Einbeziehung neuer Erscheinungsformen bestehen. Die Begründung der Jury des Alexander Sacher Masoch Preis lautete: „Der ausreißer ist einzigartig, es gibt kein vergleichbares anderes literarisches Projekt in Österreich im öffentlichen Raum“.
 

Die IG Autorinnen Autoren würde gerne erfahren, auf welche Bereiche genau die nicht mehr zeitgemäße Innovationslosigkeit des ausreißer zutrifft, auf seine Verbreitungswege, auf sein äußeres Erscheinungsbild oder auf seine Inhalte. 

Soll das z.B. heißen, was nicht stimmen würde, es werden im ausreißer keine originären Beiträge, für die sowieso keine Honorierungen möglich sind, sondern nur alte Inhalte veröffentlicht? 

Trifft auf den ausreißer vielleicht zu, was ursprünglich von der die Steiermark mehrheitlich regierenden FPÖ von Kunst- und Kulturschaffenden verlangt werden sollte: „Es braucht eine Förderpraxis, die sich am Wohlverhalten und an der politischen Korrektheit der Förderungsnehmer orientiert.“
Sollen Einrichtungen wie der ausreißer das steirische Landesbudgetdefizit alleine stemmen und/oder müssen sie die vollmundige Streichung der ORF-Landesabgabe, die den kulturellen Ermessenausgaben des Landes zugute gekommen ist, jetzt ausbaden?
 

Wir können es nicht wissen, wir hätten aber sehr gerne eine Auskunft dazu.
 

Mit den besten Grüßen
Gerhard Ruiss
Geschäftsführer
IG Autorinnen Autoren
Interessengemeinschaft österreichischer Autorinnen, Autoren und ihrer Verbände
Wien, 17.2.2025