„Österreich nennt acht Landes- und eine Bundeshymne sein Eigen. Fünf davon wurden von engagierten NS-Parteigängern und/oder radikalen Antisemiten komponiert oder getextet. Zwei weitere – vor dem Untergang der Monarchie verfasst, aber erst danach zu Hymnenehren gelangt – erheben territoriale Ansprüche auf längst verlorene Gebiete.“
Eine davon ist die steirische Landeshymne „Hoch vom Dachstein an“, nachzulesen im eben erschienen Band „O du mein Österreich. (K)Eine Lobeshymne“.
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Ihrem Hymnentext nach erstreckt sich die Steiermark nämlich vom Dachstein bis zur Save bzw. „bis ins Wendeland im Tal der Drau“, also bis weit nach Slowenien, was schon im Jahr 1929, als der 1844 verfasste Text zur Hymne erkoren wurde, längst nicht mehr der Fall war. Doch die betreffenden Zeilen repräsentierten in der Zeit des Nationalsozialismus perfekt Hitlers Heim-ins-Reich-Ideologie und wurden auch später jahrzehntelang nicht ernsthaft infrage gestellt, wie Evelyn Schalk, die Autorin des Beitrags, festhält.
Erst als anlässlich des EU-Beitritts Sloweniens 2004 sogar konservative Stimmen unter der damaligen ÖVP-Landeshauptfrau Waltraud Klasnic eine Aktualisierung anregten, scheiterte diese, welche Überraschung, am Widerstand der FPÖ. Seither hat niemand mehr den Versuch einer Veränderung gewagt und in den kommenden Jahren dürfte eine solche noch weniger auf der politischen Agenda stehen. Im Gegenteil, der bestehende Text soll laut Plänen der neuen blauschwarzer Landesregierung in den Verfassungsrang erhoben werden. Wie das mit Ansprüchen auf Gebiete außerhalb der österreichischen Landesgrenzen vereinbar sein soll, wird allerdings (noch) nicht erklärt.
„Die steirische Landesregierung ist aufgerufen, sich an den rechtlichen Voraussetzungen und an diesen Beispielen zu orientieren und nicht irgendwelchen, sich nicht mit der Realität deckenden Heimatkulturvorstellungen zu folgen“, so Gerhard Ruiss, Mitherausgeber und Vorsitzender der IG Autorinnen Autoren. Ansonsten wird wohl weiterhin
O du mein Österreich.
(K)Eine Lobeshymne
Hg. v. Christoph Janacs, Ludwig Laher und Gerhard Ruiss.
Mit Beiträgen von Walter Fink, Evelyn Schalk, Brigitte Scott, Alexia Stuefer
Salzburg: Verlag Anton Pustet 2024