Die Ausstellung mit Fotos von Alexander Danner und David Kranzelbinder ist ab 14. Dezember 2023 in der Fotogalerie im Grazer Rathaus zu sehen. Eröffnet wurde sie im Gemeinderatssitzungssaal mit bewegenden Lesungen und Berichten über die Lage im Zeltlager für Geflüchtete an der österreichisch-slowenischen Grenze.
Seit 2015 rückt der ausreißer die Situation in Spielfeld, dem slowenisch-österreichischen Grenzübergang, immer wieder ins Zentrum, in den Blick, holt die Geschehnisse und damit Menschen vom Rand ins Innere. Jenes Zeltlager, das 2015/16 errichtet wurde, in dem Ankommende wochenlang froren, auf engstem Raum zusammengepfercht, wurde bis heute nicht wieder abgebaut. Im Gegenteil, 2022 hat man die Zelte wieder „in Betrieb“ genommen. Eines der reichsten Länder der Welt enthielt Menschen, die nach Wochen, Monaten auf der Flucht völlig entkräftet hier ankamen die grundlegendste Versorgung vor. Diese kam und kommt dann vor allem aus der Zivilgesellschaft, Menschen solidarisieren sich, helfen mit Nahrung, Kleidung, Informationen und vielem mehr. 2015, 2022. Muster und damit Bilder scheinen sich zu wiederholen – und sind doch ganz andere.
Die Arbeiten der beiden Fotografen Alexander Danner und David Kranzelbinder beruhen auf langfristiger Präsenz vor Ort, Begegnungen auf Augenhöhe und zeigen sensible, eindrückliche Bildsprachen. Ihre Fotos, die Menschen und ihre Geschichten, aber auch die Zäune, die Gewalt, das Leid wird von der Grenze, vom Rand ins unmittelbare Zentrum geholt. Unübersehbar. Spielfeld goes Rathaus. Und an jeden ausreißer-Standort mitten in die Stadt. Wider die Ignoranz.
Im Rahmen der Eröffnung sollten daher jene Stimmen zu hören sein, die selten oder überhaupt erstmals im Machtzentrum der Stadt zu Wort kommen. Mit der Juristin Petra Leschanz war eine der profundesten Expert*innen, aber auch aktiven Helfer*innen vor Ort präsent. Yasna Ebrahimi wiederum, in Afghanistan geboren, im Iran aufgewachsen, lebt seit 2015 mit ihrer Familie in Österreich, arbeitet als Sexual-, Sozial- und Berufspädagogin bei der Caritas, las einen Auszug aus ihrer Fluchtgeschichte, die als Buch erscheinen soll. „Wir gehen in ein Zimmer. Polizisten sagen uns, dass wir uns ausziehen müssen. Ich schaue zu meiner Mutter und meiner Schwester und warte auf ihre Reaktion. Ich frage sie, wieso sagen die, dass wir uns ausziehen müssen? Was haben wir denn getan?“
Bei all den Debatten über die vermeintlich große Zahl von Geflüchteten, die in Europa ankommen, werden konsequent jene ausgeblendet, die es trotz größter Mühen nie über die zahlreichen Grenzen in ein sicheres, menschenwürdiges Leben schaffen. Die vielen Millionen Menschen, die tagtäglich Krieg, Unterdrückung und totalitären Regimen ausgesetzt sind und die Folgen ertragen müssen. Daher haben wir die afghanische Autorin Habiba Karimian ‚Nargis Niromand‘ gebeten, jene Gedichte, die wir in unserer Ausgabe „About war“ zu Jahresbeginn publiziert haben, als Tonaufnahme einzusprechen. Sie musste nach Fluchtversuchen über Pakistan und Iran wieder nach Afghanistan zurückkehren. Was das für sie als Frau und Autorin unter den Taliban bedeutet, davon erzählen ihre Texte, und die sollten gelesen und gehört werden. Ihr Schreiben ist alles, was ihr geblieben ist. Ihre Gedichte sind aber nicht zuletzt ein Mahnmal an den Westen, der dieses Land immer mehr ignoriert und die Grenzen für Fliehende nahezu oder gänzlich unüberwindbar macht.
Danke an die Kulturvermittlung Steiermark für diese ganz besondere Ausstellung in der Fotogalerie im Grazer Rathaus!