Joachim Hainzl und Maryam Mohammadi ◄
Selbstverständlich hatte die Pandemie in den letzten beiden Jahren auch massive Auswirkungen auf die Arbeit von Maryam und mir. Bei einem Projekt fiel die geplante Auftaktveranstaltung genau mit dem Beginn des ersten Lockdowns zusammen. Beim Restart im Herbst ging sich dann genau ein Termin aus, bevor uns ein erneuter Lockdown zur Untätigkeit zwang. Sowas nagt an den Nerven und wenn du zwei Tranchen von unnötig gewordenen Flyern wegwerfen musst, stellt sich auch die Sinnfrage.
Zeitweise verband sich das mit dem Ärger darüber, dass sich bei der Behandlung von Kunst und Künstler*innen deren gesellschaftliche Nachrangigkeit gegenüber wirtschaftlichen Teilinteressen zeigte. Noch unwohler wird mir, dass inzwischen ernsthaft das verfassungsmäßige Recht auf Versammlungsfreiheit wirtschaftlichen Interessen untergeordnet werden soll.
Anders als viele empfand ich vor allem die erste Lockdown-Zeit mit ihrem allgemeinen Innehalten als eine sehr willkommene Verschnaufpause. Ich konnte diese Wochen dafür nutzen, endlich einen Teil meines alltagsgeschichtlichen Archivs zu ordnen und zu digitalisieren. Insofern würde ich mir mehr solcher Ruhezeiten wünschen, selbstverständlich ohne dass dafür eine Pandemie notwendig ist.
Mit „Wir 28“ und „Wir schaffen das!“ konnten wir – trotz Pandemie – erfolgreich im öffentlichen Raum präsentieren. Das war ein unbeschreiblich positives Gefühl, wenn du dich mit deiner Kunst, wenn auch nur für eine kurze Zeit, auf Straßen und Plätzen sichtbar festsetzen kannst und dadurch Menschen erreichen kannst, die kaum die Schwelle eines Ausstellungsraums übertreten würden.
Selbstverständlich haben sich einige unserer Veranstaltungen – eher notgedrungen – ins Internet verlagert. Gerade für die Einbindung internationaler Künstler*innen und Expert*innen erwies sich dies als die einzige Möglichkeit, mit den Reisebeschränkungen umzugehen. Aber mir scheint, dass es spätestens mit dem letzten Lockdown im Winter 2021 zu einer Übersättigung an Online-Events gekommen ist und das Interesse daran nicht das allergrößte war – trotz oder gerade wegen der Möglichkeit, an einer Veranstaltung bequem von der Couch zuhause teilnehmen zu können. Zudem merkte ich meine fehlenden Erfahrungen im Umgang mit den neuen Technologien, etwa ob man für einen Zoom-Vortrag einen Link ausschicken soll oder Leute sich zuvor dafür anmelden müssen. Übrigens bin ich sehr offen für aufwändigere virtuelle Präsentationsformate als Ergänzung zu unseren bisherigen Kunstproduktionen, wenn es dafür die entsprechenden (finanziellen) Ressourcen für die Umsetzung aber auch für die inhaltliche Ausarbeitung gibt. Dennoch: der Austausch und die Begegnung mit Besucher*innen bei unseren Ausstellungen im realen Raum lässt sich niemals ersetzen durch Klickzahlen auf YouTube oder virtuelle Teilnehmer*innen bei Zoom-Vorträgen etc.
Persönlicher wurde der Kontakt zu Besucher*innen einstweilen im Bereich der Kontrolle. Plötzlich erfahre ich deren Geburtsdaten, ihren Impfstatus, ihre Adressen. Hier ist mir wichtig, dass der Besuch einer künstlerischen Veranstaltung so bald wie möglich wieder vereinbar ist mit dem Wunsch nach einer gewissen Anonymität vereinbar ist.
Über ihren Verein XENOS initiieren die Fotografin und Kuratorin Maryam Mohammadi und der Kulturwissenschaftler, Sammler und Künstler Joachim Hainzl seit vielen Jahren Kunstprojekte zu gesellschaftspolitischen Fragestellungen, seien es Flucht und Migration, weibliche Biografien oder verdrängte Aspekte unserer Geschichte. Ihre Ausstellungen und Aktionen im öffentlichen Raum werden stets begleitet von einem Diskursprogramm, auch um den Stimmen von Expert*innen in eigener Sache Gehör zu verschaffen.