ban bang

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Ada Kobusiewicz ◄
Foto: Ada Kobusiewicz

Lock down … es ist gut, dass es passiert ist. Ich denke, es war oder ist immer noch eine Übung, eine Probe, eine Gelegenheit, ja, definitiv eine Gelegenheit, die drastischen Lücken zwischen den Menschen zu schließen. Was ist jetzt wichtig und sogar grundlegend? Transparenz und Aktion, und vor allem Radikalität und Entschlossenheit in jedem Bereich unseres Lebens.

Es geht nicht darum, den Einzelnen die/dem Einzelnen näher zu bringen, sondern darum, die Beziehung, die zwischen ihnen besteht, zu verändern. Es geht darum, Unterschiede, die Grenzen aufbauen zu benennen , um die Abschaffung von Grenzen, um den freien Austausch von Informationen, Erfahrungen und Emotionen und nicht zuletzt darum, Lösungen für grundlegende Probleme, beispielsweise Hunger und damit verbundene Todesfälle, zu finden. WTF! Auf der anderen Seite, Abfall, 600.000.000 Tonnen Lebensmittel werden des Jahr weggeworfen. 

Lock down hat mir beigebracht, wie man zählt! Gracias corona! Und so zähle ich die Hungertoten, die Tonnen verschwendeter Lebensmittel, als einen Mangel an Respekt für das, was wir haben, und als Mangel an Respekt für andere Menschen, für andere Lebewesen, für unseren Planeten. 

Dieses System funktioniert nicht richtig. Die Demokratie hat sich in einer hohlen Worthülle verloren. Die Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger an der Machtausübung und damit auch an der Gestaltung des öffentlichen Raums wird zunehmend begrenzter und durch das Narrativ des Privaten wird sogar die Exekutive durch eine Blockwartmentalität unterstützt, jeden noch so obsoleten Regelverstoß zur Anzeige zu bringen.

Foto: Ada Kobusiewicz

Hat die Regierung das Recht, mit Reglementierungen bis in meine Wohnung, mein Atelier, mein Schlafzimmer einzudringen? Wie ist es möglich, dass es Obdachlose gibt, wenn so viele leerstehende Häuser und Wohnungen vorhanden sind? Warum gibt es in der Annenstraße einen massiven Leerstand, während sich unzählige Grazer Künstler*innen keine eigenes Ateliers leisten können? Warum verdienen Kulturmanager*innen zehnmal mehr als die Künstler*innen? Warum ist Marihuana illegal, Trinkgelage aber anscheinend Teil der nationalen Kultur? Warum darf sich die Kirche in die Angelegenheiten des Staates einmischen? Warum werden Frauen diskriminiert? Warum wird überhaupt irgendjemand diskriminiert? Warum werden Wälder gerodet, um Futtermittel anzubauen und das T-Bonesteak in Plastik verpackt um die halbe Welt geschifft? Warum können Frauen, die vergewaltigt worden sind, nicht ohen Wenn und Aber abtreiben? Warum haben 30 Millionen Kurd*innen nicht ihr eigenes Land? usw. … usw. … 

Nun, wie Zbigniew Preisner zu Recht sagte: Man muss handeln, man darf nicht schweigen! Schweigen ist gleichbedeutend mit Unterstützung.

Die Kunst hat die Verpflichtung, aktuelle Situationen zu reflektieren: Reagieren – Agieren – Reagieren aber immer handeln, selbstbestimmt und selbstermächtigt und zwar vor dem Untergang, vor allem dem eigenen, die Gesellschaft mit der „unsichtbaren Gegenwart“ zu konfrontieren. 

Foto: Ada Kobusiewicz

BAN BANG ist meine Reaktion auf Machtmissbrauch, Einmischung in den privaten Raum, Korruption, Erniedrigung, Ungerechtigkeit. Die Prozesse, die mit der alltäglichen Wahrnehmung der Stadt und der Bilder im öffentlichen Raum einhergehen, haben Einfluss auf unser Sozialverhalten. Im öffentlichen Raum angeordnet, sind Verbots- und Hinweisschilder lokale Elemente, aber ihre pragmatische Bedeutung, die an die institutionelle Ordnung appelliert, stellt eine freie Gesellschaft nicht selten in Frage. Unser Sozialverhalten ist von der ästhetischen, architektonischen und sozialen Gestaltung des öffentlichen Raums zunehmend beeinflusst. 

Deshalb muss jedes Beispiel von Verbot oder Überwachung im öffentlichen Raum mittels Kunst hinterfragt werden; es gilt zu fragen, unter welchen Bedingungen akzeptieren wir den Status quo, zu fragen, welche Art von sozialen Dynamiken zwingen uns, uns an die neue Realität zu gewöhnen, zu fragen, welche Art von Prozessen zähmen uns, uns an die Verbote des gemeinsamen öffentlichen Lebens zu gewöhnen, gleichgültig zu werden und über die Freiheit der Gesellschaft nachzudenken oder diese gar einzufordern. 

Wir sollten nicht vergessen, dass die Prozesse der Polarisierung und der Ausgrenzung eine bedeutende Rolle bei der Verwaltung unserer westlichen Gesellschaften spielen und das soziale Handeln der meisten Menschen bestimmen.

Daher könnte sich unsere Toleranz gegenüber dem Andersartigen, Anderen oder Unbekannten, allem was nicht Teil der eigenen Realität ist, in Angst verwandeln. Angst ist vor allem gefährlich, weil sie keine Richtung hat aber nach allen Richtungen streut. Hier ist die Rolle des öffentlichen Raums von entscheidender Bedeutung, denn im öffentlichen Raum kann diese abstrakte Emotion zerplatzen, indem wir mit dem Unbekannten, dem Unerwarteten in Kontakt kommen, es annehmen, fühlen, miterleben.

Doch die Möglichkeiten für solche Begegnungen werden ständig beschnitten. Die immer zahlreicheren Verbote im privaten und öffentlichen Raum, deren Ziel es zu sein scheint, unser Verhalten, unsere Bewegungen, ja sogar unser Erscheinungsbild zu regulieren und gleichzuschalten, schaffen eine homogenisierte Gesellschaft, die keine Abweichung von der Norm duldet oder sie soweit an den Rand drängt, dass sie unsichtbar wird.

Der Standard schrieb im Dezember 2018 ,“Kindermädchenstaat“, Österreich ist unterwegs zu einer Verbotsgesellschaft.[1]

Seither hat es in Österreich, jenseits der Coronamaßnahmen, eine Explosion an Verboten gegeben. Umgeben von einer Reihe von Anweisungen wird der/die Bürgerin nicht einbezogen, sondern eher vom öffentlichen Raum ausgeschlossen. „Wie schaffen wir einen öffentlichen Raum? Was bedeutet es, einen Raum für Kollektivität und Individuen zugänglich zu machen? Wie können wir dafür sorgen, dass die Menschen sich in den Raum einbezogen und nicht ausgeschlossen fühlen?“(Olaf Eliasson) 

Dieses Projekt versucht, sich dieser Fragen anzunehmen. BAN BANG listet viele zweifelhafte Verbote aus der ganzen Welt auf und will einen Anstoß dazu geben, den öffentlichen Raum nicht den Interessen einer Elite zu überlassen, die in jeder Gesellschaft unseres Planeten die Minderheit darstellt.


[1] https://www.derstandard.at/story/2000094803955/2018-das-jahr-der-verbote