Evelyn Schalk ◄
Die schwarzblaue Regierung musste nicht wegen ihrer rechtsextremen, sozialfeindlichen und antidemokratischen Politik zurücktreten. All das ist nicht Gegenstand des Ibiza-Videos, sondern flimmerte davor eineinhalb Jahre lang tagtäglich über die Monitore – und stieß bzw. stößt bei einer Mehrheit der Bevölkerung auf Zustimmung. Diese ist das Ergebnis eines jahrelangen Prozesses der Duldung und gezielten Beförderung von sozialer Spaltung, Rassismus, Antisemitismus und Verdrängungskampf. […]
Für einen kurzen Moment von sieben Stunden wird die ganze Brutalität dieses Normalisierungsprozesses vor Augen geführt.
Denn das wirklich Schockierende des Videos ist der Grad vermeintlicher Selbstverständlichkeit von Sprache und Inhalten, die eine Verachtung gegenüber Menschen und Institutionen offenbaren jenseits jeglichen Unrechtsbewusstseins. Das entspricht genau jener Politik, die Strache & Co unter dem Applaus ihrer Anhänger*innen praktizierten. Das Video bestätigt und zementiert gleichzeitig deren Bild von Politik – inklusive der vermeintlichen Normalität patriarchal toxischer Männlichkeit. […]
Diese Regierung hat Leben gekostet.
Wieviele Menschen wurden in Kriegs- und Krisengebiete deportiert? Aus ihrem mühsam aufgebauten Umfeld gerissen, verfolgt, gejagt, wiederholt traumatisiert? Kinder, Kranke, Junge und Alte. Wieviele sind wegen Kurz‘ geschlossener Balkanroute draufgegangen, ertrunken, erfroren, auf dem Weg den Strapazen erlegen? Unerwähnt bleiben auch die, die aus Verzweiflung und Angst ihrem Leben ein Ende gesetzt haben. Wieviele haben Hass und Gewalt, physisch wie psychisch, ganz unmittelbar zu spüren bekommen? Wievielen haben die schwarzblauen Sozialkürzungs- und Zerstörungsmaßnahmen den Boden unter den Füßen weggezogen? Wieviele müssen auch weiterhin um das Mindeste bangen? Wie lange wirkt das Ruinieren von sozialen Errungenschaften nach – Stichwort 60-Stundenwoche, Sozialversicherungen, Arbeitslosenunterstützung, Familienbonus, Notstandshilfe und und und – bzw. wird dieser immense Schaden je wieder behoben oder stattdessen der in Gang gesetzte Kurs weiter verschärft werden? […]
All das wurde und wird unterstützt, akzeptiert, zugelassen oder zumindest hingenommen und dadurch ermöglicht. Das ist das wahre Desaster am Zustand dieser Republik. Und keiner kann sagen, er/sie* hätte von nichts gewußt. […]
Dieser Ideologie den Boden der Normalisierung zu entziehen, wäre tatsächlich ein Schritt in Richtung Stabilität und Sicherheit – im täglichen Leben aller.
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Auszüge aus: Niemand ist eine Insel
https://tatsachen.at/2019/05/23/niemand-ist-eine-insel/