solidarische forderungen statt machtinteressen

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Marlies Pratter, Redakteurin bei von unten,
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Was wünsche ich mir von der nächsten Regierung? Eine schwierige Frage, weil ich denke, dass Regierungen keine Wünsche erfüllen. Und Politiker*innen in erster Linie eigene Machtinteressen vertreten. Auch wenn es wahrscheinlich graduelle Unterschiede gibt zwischen den jeweiligen Parteien. Selbst wenn ich mich auf eine hypothetische Wunschliste an die nächste Regierung einlasse, fühlt es sich ein bisschen so an, als würde ich eine Wunschliste ans Christkind schreiben. Sie wäre außerdem endlos lang:

– eine anti-faschistische, anti-rassistische und anti-sexistische Grundhaltung.

– eine ernst gemeinte Frauen*- und feministische Politik: angefangen von der Finanzierung zeitgemäßer Sexualpädagogik an Schulen, über präventive Gewaltschutzmaßnahmen, hin zur Umsetzung von Maßnahmen gegen Frauen*armut und einem flächendeckenden Zugang zu kostenlosem Schwangerschaftsabbruch usw. Die wichtigsten Forderungen finden sich im Forderungskatalog des Frauenvolksbegehrens 2.0.

– eine gerechte Asylpolitik, in der Menschen als Menschen gesehen werden und nicht als anonyme Zahlen. Das heißt eine, auch von der Politik gelebte, Willkommenskultur der offenen Grenzen.

– eine Klimapolitik, die diesen Namen auch verdient. Weg vom Individualverkehr! Ausbau der Infrastruktur für öffentliche und ökologische Verkehrsmittel. Raus aus der fossilen Energie, hin zur erneuerbaren Energie! Bei gleichzeitiger Reduzierung des Energieverbrauchs – Degrowth!

– eine gerechte Umverteilung von Reichtum. Das heißt ein gerechteres Steuersystem z.b. durch die Einführung einer Erbschaftssteuer. Und die Einführung eines Bedingungslosen Grundeinkommens. Weg mit dem AMS!

– Arbeitszeitverkürzung: Weniger arbeiten bei vollem Lohnausgleich. Das würde Arbeitsplätze schaffen. Arbeitgeber*innen verdienen ja an den Arbeiter*innen und Angestellten – das sollen sie sich auch was kosten lassen.

Und, und, und …

Diese angefangene Wunschliste ist durchzogen von reformistischen Ideen. Gerade angesichts der Klimakrise zeichnet sich jedoch sehr klar ab, dass sich mit Reförmchen wenig verändern, geschweige denn der Klimakollaps abwenden lassen wird. Eine grundlegende Systemänderung ist nötig, weg von kapitalistischen Ausbeutungsverhältnissen, Ressourcenraubbau und der wahnwitzigen Idee des unendlichen Wachstums. Und es ist nötig eine grundlegende Systemkritik zu verbinden mit verschiedenen Kämpfen: Denn alle emanzipatorischen Bewegungen wie Frauen*-und queer-feministische Kämpfe, Kämpfe für Klimaschutz, Migrant*innenkämpfe, Arbeiter*innenkämpfe, antirassistische Kämpfe wie Black Lives Matter, oder No Border-Kämpfe richten sich notwendigerweise auch gegen das herrschende kapitalistische System, das Ungleichheiten braucht, um weiterbestehen zu können.

Eine gerechtere Welt entsteht nicht durch Wünsche an Autoritäten und Regierungen. Alle Rechte wie Arbeiter*innenrechte, Frauen*rechte, LGBTIQ-Rechte wurden uns nicht geschenkt oder großzügig gewährt, weil sich Politiker*innen und/oder Regierungen gedacht haben, das wäre eine gute Idee und auch fortschrittlich. Nein, alle diese Rechte wurden von Menschen eingefordert und erkämpft! Wünsche und Visionen sind wichtig, um uns eine Richtung zu zeigen, aber für die Erfüllung dieser Wünsche müssen wir uns positionieren und uns daran machen, sie aktiv umzusetzen – und zwar solidarisch!